home / Achate aus aller Welt / Europa / Deutschland / Region Nahe / Idar-Oberstein / Weierbach - Kreiselbau der B 41

home / agates worldwide / Europe / Germany / River Nahe Region / Idar-Oberstein / Weierbach - Kreiselbau der B 41

Text aus Lapis 06 / 2012

Achate von der Baustelle des Kreisels Weierbach der  Bundesstrasse B 41 bei Idar-Oberstein, Rheinland-Pfalz

Es ist schwierig einen aktuellen Artikel über eine Achatfundstelle zeitnah zu publizieren. Ein Text ist schnell geschrieben, Fotos sind flott gemacht, allerdings müssen die gemachten Funde aufgesägt, geschliffen und poliert werden – eine Arbeit, die wenigstens Wochen, wenn nicht Monate dauern kann. Bedeutend schwieriger ist es allerdings - fallen Funde dieser Art um Ostern herum an - schäbige Klischees, die von Hasen und Eiern handeln, beim Verfassen des Artikels zu vermeiden.

Dennoch nehme ich diese Herausforderung an.

 

Eine Fundstelle, die von vielen Sammlern besucht und mit Kopfschütteln und leeren Taschen  verlassen wurde, ist die Großbaustelle am Kreisel der Bundesstraße B 41 in Weierbach. Auch ich besuchte diese Fundstelle im Winter, bewunderte die Größe und Form der Geschiebe in den Fanglomeraten der Kuseler Schichten, popelte mit dem Finger den ein oder anderen zu dünnen, brüchigen Schalen verwitterten Achat aus den tieferliegenden Melaphyren, fror misslaunig im pfeifenden Wind und kehrte „endgültig“ dieser Fundstelle den Rücken.

Doch der Teufel ist ein Eichhörnchen.

 

Karfreitag - Eine von Hundert

 

Der Saisonstart für die Achatsammler im Raum Idar-Oberstein ist der Karfreitag. Es ist der erste offizielle Öffnungstag des Steinbruches Juchem für Sammler, die sich üppige Funde nach der langen Winterruhe erhoffen. Vor dem Heben der Barke, hinter der sich auch 2012 eine Vielzahl Sammler drängte, erlaubt es die Wartezeit allen Begeisterten, Gespräche über die aktuelle, tatsächlich gegebene, die erhoffte oder vermutete Fundlage an der einen oder anderen Fundstelle auszutauschen. Auch kann man letztjährige Funde, die aus dem Dunkel des einen oder anderen Kofferraumes aufleuchten, begutachten.

Und da waren sie dann, ruhend auf einem dunklen Tuch, feinpoliert und ausgepreist, spottend meiner eigenen Ansicht (die ich allerdings mit fast allen anderen Achat-Sammlern teilte), dass es auf dieser Baustelle nichts zu finden gäbe – die schönen Achatmandeln vom Kreisel.

Ihre Struktur und ihre Farben waren einzigartig für die Region, allein ihre Zahl und Größe ließ zu wünschen übrig. Die größte Mandel erreichte knapp Faustgröße und insgesamt sechs Mandeln sollten alles sein, was an schönen Steinen von Hunderten blieb.

 

Ostersamstag - Eine von Zehn

 

Mehr irritiert als informiert stand ich tags darauf auf der Baustelle des Kreisel  und wollte mich davon überzeugen, nichts wesentliches verpasst zu haben. Die Baustelle hatte sich nur marginal, aber entscheidend verändert. Um die vorhandene Kanalisation der Bundesstraße zu überprüfen und endgültig zu verankern, wurde ein letzter Teil eines verbliebenen Vulkanites weggeschoben. Der sah größtenteils vertraut aus (grauschwarz, kleine Löcher, in dem ein oder anderen Loch noch Relikte erbärmlich verwitterter Achate ) und teilweise überraschend anders.

 

Grünliche Partien eines klingelharten Vulkanites zeigten sich domartig hochgeschoben etwa drei Meter hoch und 12 Meter breit unter dem „faulen“ Material. Am linken Kontakt der Aufwölbung waren einige der speziell ausgebildeten Achatknollen angereichert. Ihre Spur verlor sich weiter nach rechts. Im Inneren der mandelartigen Hohlräume hatte sich zuerst eine für die Region ungewöhnlich dicke Lage (zwischen 2 und 5 mm ) von Schichtsilikaten gebildet. Diese ermöglichte nun die Bergung der kleinen Knollen. Die Knollen saßen in einem extrem harten, aber letztlich auch spröden Vulkanit, der sich mühsam mit Meißeln und Vorschlaghammer zerteilen ließ. Ohne die isolierende Lage von Schichtsilikaten, wären viele der Knollen schon beim Herausarbeiten zerstört worden. Meinen Vorgängern fiel die Arbeit leichter, insofern sie hauptsächlich das Haufwerk durchsuchten und die Achatknollen wie reife Früchte aufklaubten. Nur an einer kleinen Stelle, an der die Mandeln besonders dicht saßen, konnte man Meißelspuren im Vulkanit erkennen. Nach mehrstündigem Herumknallen auf den zähen Felsen, das seinen Tribut in Form zweier Meißelspitzen und einem tags darauf folgendem Muskelkater forderte, konnte ich etwa einen Eimer voll Mandeln bergen.

 

Die Mandeln waren etwa zwischen 2 cm und 12 cm groß, somit nicht größer als jene des vorigen Tages. Sie konnten daher auf der handgeführten Säge geschnitten werden. Die zweite, ästhetische Hypothese, dass an diesem Ort die schöneren Exemplare besonders selten waren, ließ sich eigentlich nicht bestätigen. So waren etwa 10 % der Mandeln brauchbar, was einem Mittelwert entspricht, den man an fast allen Fundstellen von Mandelachaten hat. Verständlich ist diese Hypothese nur, vergleicht man die Mandeln des Kreisels in Form und Struktur mit denen der üblichen Vorkommen der Region. Erwartet wird eine subtile, pastellartige Färbung und eine feine Bänderung. In dieses Schema passen sie in der Regel nicht hinein, und werden somit von vorneherein als „unwürdig“ begriffen. Dabei ist es gerade ihre andersartige Zeichnung (die auch hier auf den Fotos deutlich wird), die sie über die üblichen Funde im Raum Idar-Oberstein hinaushebt.

 

Die einzigartige Zeichnung

 

Der klassische „Festungsachat“ (wandumlaufender, adhäsionsgebänderter Achat) findet sich nur bei wenigen der gefundenen Mandeln in weißen und bläulichen Farbtönen. Wenn doch, dann teilt er sich oft mit phanerokristallinem Quarz mit kleinen Hämatiteinschlüssen und klarem gelblichem Calcit das Zentrum der Mandeln. Schwung in der Bänderung bekommt der Achat durch kugelige, mehr oder weniger stachelige Gebilde an seinem äußeren Rand. Meist handelt es sich dabei um rosafarbene oder gelbliche Karbonate, seltener um Pseudomorphosen von pinkfarbenem Chalcedon nach diesen Karbonaten. Darauf folgen nach außen hin kissenartige, oft gelb-orange gefärbte Gebilde eines fein gepunkteten Chalcedons. Die Punkte sind farblose Chalcedon-Sphärolithe, die schwarmartig in einer gelblich-orangen Matrix auftreten. Die alles umgebende Schicht eines bizarr wolkenartig strukturierten, bläulich, rosa oder violett gefärbten Chalcedons sammelt all diese Strukturelement in einer Mandel. Je nach Mandel wird das eine oder andere Element betont, manches fehlt ganz. Eine glatte Abgrenzung zur Schichtsilikatlage durch eine früh gebildete durchlaufende Chalcedonmembran, die  üblicherweise bei allen Achatmandeln unserer Region zu finden ist, fehlt. Vielmehr wuchs scheinbar der wolkenartige Chalcedon sich aufblähend in die relativ dicke Schichtsilikatlage hinein.  Entfernt man diese Lage an den Mandeln, so zeigen sie eine aus kleinen wulstigen Elementen aufgebaute Außenhaut.

 

Was hier mit blumigen Worten geschildert wird, erklärt nicht die ungewöhnliche Bildung dieser interessanten kleinen Achate mit ihren eigenartigen Strukturelementen. Poesie und Stirnkräuseln helfen hier leider nicht weiter. Ihr Auftreten in einer besonderen Umgebung – der sehr dichte und harte Vulkanit – mag die Ursache hierfür sein. Die detaillierten Abläufe der Quarzbildungsphasen bedürfen allerdings noch der Klärung.

 

Die Fundlage dürfte sich in den nächsten Wochen nicht verändern. Sollten Sie die Fundstelle aufsuchen wollen, sprechen sie bei der Bauleitung vor, um Missverständnisse zu vermeiden. Während der Bauarbeiten wird kein Zutritt erlaubt.