Schatzjagd im Hinterhof only in German !
Achat-Neufunde auf Wäschertskaulen, Idar – Oberstein
Wenn man Achatsammler ist und im Herzen eines achatführenden Gebietes wohnt, ist es ein verbreitetes Wunschbild ( allerdings eine wenig verbreitete Tatsache ), daß man bei der Arbeit im eigenen Garten die Möglichkeit besitzt, ab und an einen schönen Achat zu finden. Solche “hauseigenen Achate” zieren nämlich in der Tat die Sammlung des ein oder anderen Kollegen. Die Fundstelle meiner “Hausachate”, die ich hier beschreibe, liegt leider nicht in meinem Garten – dessen petrografische Einordnung zum Großteil achatfreier devonischer Schiefer wäre – sondern in meinem ideell erweiterten Hinterhof – 1100 Meter von meinem Haus entfernt.
Im Frühjahr 2003 wurde am Brunnenhaus auf Wäschertskaulen - einer hochgelegenen Heide-Landschaft zwischen Idar und Vollmersbach - eine kleinere Baumaßnahme durchgeführt. Hier konnte ich mit einem Kollegen in einer etwa 4 x 4 m großen Grube einen Jaspisgang abbauen, der in situ den berühmten roten, stark eisenschüssigen Jaspis, der ansonsten hier oberflächlich auf den Äckern zu finden ist, lieferte. Achate konnten wir leider an dieser Stelle nicht fnden.
Im Jahr 2005 wurde diese kleinere Baumaßnahme um einen großen Wasserspeicher erweitert. Zu einem relativ späten Zeitpunkt – alle Fundament- und Stahlbetonarbeiten waren durchgeführt – besuchte ich diese Baustelle. Ein großer Haufen Aushub, bestehend aus dem als Achat - Muttergestein in unserer Region bekannten gelblichen Andesit, der aufgrund von Verwitterungseinflüssen zu einem feinkörnigen Grus zerfallen war, erregte mein Interesse. Bei nur oberflächliche Suche konnte ich eine Vielzahl bis 3 cm großer Achat-Mandeln aufsammeln.
Obwohl recht klein, waren diese Mandeln rißfrei und zeigten nach dem Schleifen eine feine Bänderung und hübsche Färbungen. Bei einem Vereinstreffen der Freisener Mineralienfreunde zeigte ich diese ersten Exemplare. Allerdings konnte sich nur ein Kollege dafür erwärmen (wohl aufgrund mangelnder Größe der ersten Belege), mit mir diese Stelle wieder zu besuchen.
Der Kinder-Aktionstag
Große Hoffnungen auf besserer Funde hatten wir beide vorerst nicht – vielmehr planten wir einen Kinderaktionstag, da unsere Kleinen ( Raffael 4, Fabian 5 und Robin 1,5 Jahre alt ) für Buddeln, Batsch und Glitzersteine ( in dieser Reihenfolge ) immer zu begeistern waren und bei diesem Ausflug ja vielleicht ein wenig von dem esoterischen Wissen ihrer Väter um die Achate aufschnappen konnten.
Da die Hauptmotivation der Kleinen auf dem Buddeln lag, beschlossen wir an einer Stelle des Wasserspeichers, an der alle Bauarbeiten abgeschlossen waren und man bequem an einer kleinen Wand graben konnte, loszulegen. Das Gestein bot selbst Kinderhänden keinen Widerstand mehr, da es komplett grusig zersetzt war.
Eine Eigentümlichkeit wirklich reichhaltiger Achatfundstellen im Saarnahe-Raum ist es immer wieder, daß die Achate in sehr weichem, fast seifig-schmierigem Gestein vorkommen. Die Blasen und Hohlräume in denen sich später Achate bilden konnten, entstanden durch Druckentlastung des bei der Gesteinsentstehung noch zähflüssigen Andesites. Die Gase waren allerdings in diesem Fall auch chemisch aggressiv und griffen in Folge das Gestein an und veränderten es in seiner Stabilität. Zurückgeblieben ist daher heute ein sandiges oder grusiges, oft durch Schichtsilikate grünlich gefärbtes Gestein, in dem sich eine Vielzahl von Achatmandeln auf kleinstem Raum konzentriert. Die Zersetzung dieses Gesteines, das sich oft zwischen extrem harten Gesteinslagen befindet, kann sogar einen lettenähnlichen Charakter erreichen und ist dann oft als primärer Bildungsort der Achate nicht mehr zu erkennen.
Nach kurzem oberflächlichen Graben fand ich dann nach einer Vielzahl kleinerer Achate eine Mandel, die ich als weit größeres Exemplar annoncierte. Ich rief alle Buddler zu meiner Arbeitsstelle und schabte die Mandel vorsichtig frei. Vermutete ich anfangs doppelte Größe als der Durchschnitt, entpuppte sich diese kugelförmige Mandel mit fast 16 cm Durchmesser als echter Gigant. Damit nicht genug – rund um diesen Riesen saßen wie Satelliten weitere bis 9 cm große Mandeln.
Das Erstaunen aller war groß und alle Buddler erklärten ab sofort den Achat und nicht das möglichst große Loch zum Ziel ihres Handelns.
War ich vor dem Fund dieser Achatmandel noch entschlossen, die aktuelle Fundstelle, angereichert mit ein paar Fotos der schönsten Achate und dreckverschmierter Kinder auf meiner Homepage zu publizieren, verschob ich nun dieses Ansinnen auf einen späteren Zeitpunkt.
Achate im Ruß
Dennoch informierte ich eine Vielzahl von Achatsammlern und besuchte mit ihnen die Fundstelle, die der Tiefe zu immer reichhaltiger wurde. Die Achate konzentrierten sich in bestimmten Bereichen. Nach oben hin artikulierten sich diese als graue spaltenähnliche Zonen im ansonsten gelblichen Andesit. Im unteren Bereich der Fundstelle, in dem die Erosion nicht so stark wirken konnte, lösten schwärzliche Risse die grauen Zonen ab. Ursprung der Verfärbungen scheint in Ruß umgewandelter Calcit zu sein. Auch die Achatmandeln trugen oft einen “schwarzen Kittel” der darauf hinweist, daß eines der im Hohlraum früh kristallisierten Minerale wohl Calcit gewesen ist. Dieses Indiz, sowie die Ähnlichkeit mancher Zeichnung eines Achates dieser Fundstelle mit Fundstücken vom Finkenberg (bei denen die Calcitkruste um die Mandel oft noch frisch ist), vom Steinbruch Setz und schlußendlich vom Steinkaulenberg zeigt auf, daß der hier vorkommende achatführende Andesit wohl auch zum gleichen Lavastrom vorgenannter Fundstellen gehört.
Kleines Drama in Violett
Die Achate dieser Fundstelle kamen oft in regelrechten Clustern vor. Fehlte streckenweise jedes Anzeichen eines Achates, tauchten unvorhergesehen wieder Konzentrationen gut ausgebildeter, größerer Mandeln auf. Den Kern eines dieser Cluster bildete der schönste Amethyst, den ich bislang selbst finden konnte. Ich konnte die Amethystdruse, die leider wie viele der größeren Exemplare in annähernd scheibenförmige Segmente zerrissen war, komplett bergen. Nach vorsichtigem Schaben und Klopfen hielt ich ein ob der vielen Risse knirschendes Objekt in der Hand, das an einer kleinen Stelle ein wenig geöffnet war. Ein Blick ins Innere verriet - obwohl der Hohlraum größtenteils mit Letten verfüllt war - daß das Stück großes Potential für intensive Farbe und schönen Aufbau bot. Die Auffregung dieses Fundes teilten mit mir ein Sammlerkollege und mein Sohn Raffael. Das Stück wurde gut verpackt und wir buddelten weiter. Nach etwa 10 Minuten kam mein kleiner Sohn zu mir und hielt mir ein Stück tiefvioletten “Amütist” vor die Nase.
Er hatte sich in einem unbeobachteten Moment der Druse angenommen und diese mit einem beherzten Schlag seines Kinderhammers geöffnet. Glücklicherweise hatte er den Schlag so angesetzt, daß sich der Stein in vorzüglicher Weise offenbahrte. Ich war somit der Pflicht längeren Grübelns entledigt, wie das Stück wohl nach dem Säubern zu öffnen gewesen wäre – allerdings auf Kosten eines Sekunden währenden Herzstillstandes.
Im Herbst 2005 war die Fundstelle immer noch zugänglich. Allerdings verarmte diese weitgehend, und die Funde wurden seltener. In Zukunft gilt es, auch dieser Fundzone einen regelmäßigen Besuch abzustatten.
Die Ausbildung der Achate
Die Ausbildung der hier vorkommenden Achate ist in einer Reihe mit vergleichbaren Funde vom Finkenberg und Steinkaulenberg zu sehen, bei denen die Achate eine ähnliche Zeichnung haben. Dennoch lassen sich einige Unterschiede in der Ausbildung der Achate dieser bislang nördlichsten Fundstelle im Idar-Obersteiner Raum feststellen.
- Viele Achate gehören in die Gruppe der sogenannten “ Wegeler ” . Bedingt wird dies durch ihre feine Bänderung, die aus abwechselnd transparenten und opaken Schichten besteht. Bei manchen Achaten dieser Fundstelle ist die Bänderung so fein und homogen, daß das typische “ wegeln ” als eine Art “ pulsieren ” wahrnehmbar ist.
- Einzelnstehende, farblich unterschiedliche und übergroß ( bis 14mm Größe) ausgebildete Sphärolithe ergeben interessante Zeichnungen. Auf die frühgebildeten Sphärolithe folgt dann die Ausbildung homogener und eng stehender Sphärolithe, die die gemeine Achatbänderung aufbauen. Je nach Anteil an der Zeichnung des Achates spricht man von Festungsachat (Bänderung mit Vorsprüngen und Zwickeln dominiert ) oder Augenachat (solitäre Sphärolithe dominieren).
- Holosphärolithe ( Spärolithe, die komplett kugelig ausgebildet sind und scheinbar in einer chalcedonischen Grundmasse “schweben”) kommen an dieser Fundstelle im allgemeinen selten vor, sind allerdings für eine Gruppe von Achaten, die aus dem oberen Teil der Fundstelle stammen, signifikant. Die am äußeren Rand liegenden ersten Bänder, oft eigentümlich rosa gefärbt, bestehen aus aufeinanderfolgenden Lagen von Holospärolithen. Ab und an sind diese extrem verzerrt und ausgewalzt, daß sehr irregulär wirkende Strukturen entstehen. Spiralartige Bildung im Inneren der Holosphärolithe, wie sie beispielsweie in Freisener Achaten vorkommen, konnte ich bislang hier noch nicht feststellen.
- Das Bild der Achatbänderung ist selten ideal konzentrisch. Stauchungen, Zerrungen und Ventile (oftmals fälschlich als Einstromkanäle bezeichnet) bilden vielmehr abwechslungsreiche Zeichnungen.
- Bei kleinen Mandeln kann auf eine Schicht bläulichen, transparenten Chalcedons die Bildung eines farbigen, gebänderten Achat-Kernes folgen. Dieser Kern scheint dann im bläulichen Chalcedon zu schwimmen.
- Im Inneren eines Hohlraumes kann sich auch ein Absatz an verkieselten, makroskopisch unstrukturierten Silikaten befinden, der sich im unteren Teil der Mandel angesammelt hat. Nur ein kleiner Prozentsatz der Mandel besteht dann noch aus Achat. Solche von den Sammlern “ Betoneier ” genannten Hohlraumbildungen sind seit langer Zeit aus dem Steinbruch Setz bekannt.
- Rechteckige, zum teil deutlich quaderförmige Hohlräume im Aussenbereich von Achatmandeln weisen auf eine frühgebildetes Mineral – vermutlich Schwerspat - hin.
- Anhand der Farbtöne lassen sich die Achate aus den oberen Bereichen von denen aus den unteren unterscheiden: Im oberen Bereich findet sich des öfteren ein rosafarbener Rand, gefolgt von teilweise glasigem Chalcedon. Bei größeren Stücken zeigt sich im Inneren eine abwechselnd violett, weiß und hellblau gebänderte Zeichnung. Die Steine aus der unteren Region zeigen meist hellblau bis weiße Bänderungen, können aber auch elegant braun und violett gezeichnet sein. Seltener treten auch sogenannte “Stefanssteine” – d.h. Achate mit makroskopisch als Punkte oder Flecken erkennbaren roten Pigmenten - auf. Diese Variante war im Steinkaulenberg einst sehr gesucht, ließ sie sich doch, da sie an die blutenden Wunden eines katholischem Märtyrers gemahnte, von den Edelsteinschleifern vergangener Zeiten gut vermarkten.
- Durch die Trocknung der Achate – verursacht durch den Schnitt und die Aufbewahrung im Sammlungsraum - änderten sich unter Umständen Färbung und Kontrast der Stücke. Teilweise ist dieser Effekt auch durch das Befeuchten der Steine umkehrbar
- Seltener als an anderen Fundstellen waren die Mandeln mit makroskopisch kristallisiertem Quarz gefüllt. Einige Stücke erwiesen sich allerdings als heißbegehrte, mit Amethyst von feiner Qualität gefüllte Drusen.
- An einem Stück traten makroskopisch erkennbare Quarzzwillingsbildungen nach dem Dauphinée-Gesetz auf. Einfach ausgebildete rhomboedrische Kristalle verzwillingten sich hier zu “vogelschnabel-ähnlichen” Bildungen.
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